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Zentrale Marketingtrends der 2020er
Es gibt unzählige Onlineartikel über Zukunftsthemen im Marketing. In diesem Blogbeitrag präsentiere ich eine kompakte Zusammenfassung der wichtigsten Trends, versehe sie mit einem Top 3-Ranking und meinen persönlichen Empfehlungen.
Sehr gut für die Marketingpraxis geeignet ist das Buch „Die Top-Ten der Zukunftsthemen im Marketing“, herausgegeben von Marcus Stumpf; und auch das neue Buch von Kotler/Kartajaya/Setiawan „Marketing 5.0“ ist meiner Meinung nach als Wegweiser zu betrachten. Ich konnte aus beiden Büchern einiges Spannendes entnehmen und fühlte mich gleichzeitig in Vielem bestätigt.
In diesem Beitrag konzentriere ich mich auf eine Top-3-Liste, die dem meiner Meinung nach aktuell wichtigsten Gegenwarts- und Zukunftsthema im Marketing zugrunde liegen: dem „Purpose“. Denn in dieser hochkomplexen und sich stets wandelnden Umwelt braucht es flexible, wandelbare MarketingmanagerInnen, die aus unterschiedlichen Disziplinen stammen und die eine klare Vision verbindet.
KonsumentInnen handeln heute wie damals eher aus emotionalen als aus rationalen Überlegungen heraus. Ein Purpose kann der entscheidende Faktor sein und diesen gilt es auch zu vermitteln – auf eine echte, ehrliche und authentische Art und Weise. Die Vision bzw. das Zukunftsbild verbindet dann miteinander – das Unternehmen intern über die Unternehmenskultur als Bindungsglied und die Marken mit denjenigen, die sie konsumieren. Die Digitalisierung, der zunehmende Klimazustand unserer Erde und nicht zuletzt die Corona Pandemie haben aus der individualisierten Gesellschaft die „Generation Global“ hervorgebracht. Statt nur „Customer Experience“, also die Erfahrung jedes Einzelnen, geht es einen Schritt weiter, nämlich um die Erfahrung in der Gemeinschaft und gemeinschaftlich erzielte Werte. Daraus entstanden Tendenzen wie Co-Working, Co-Farming, Co-Living und Werte wie Zero Waste, No Plastic, Upcycling und vieles mehr – doch das ist erst der Anfang.
Überreizte KonsumentInnen und übersättigte Märkte führten dazu, dass sich Unternehmen in den letzten Jahren zunehmend an den KundInnen orientieren mussten – ein klarer Fall von Angebot und Nachfrage. Doch bis eine Kundenorientierung stattfinden kann, müssen sich Unternehmen einmal mit den KundInnen beschäftigt haben und herausfinden, was denn für diese „Sinn“ bedeutet beziehungsweise was diese von jenem Sinn halten, den die Unternehmen mit ihrer Marke bzw. Produkt oder Leistung (mit-)verkaufen wollen.
Authentische Marken, gelebte Werte, das Erzählen wahrer Geschichten, das Ehrlich bleiben – viele dieser Werte sind noch Schlagworte, die in vielen Unternehmen Fragezeichen hervorrufen. Auch, dass es so schnell gehen muss, wo man sich früher viel Zeit für Marketingkampagnen lassen konnte, macht es nicht einfacher. Kurzfristige Aktionen machen auch heute noch keinen Sinn, aber eine schnelle, zeitgemäße Interaktion mit den Konsumenten auf fundierter Basis ist das Gebot der Stunde.
Wie starte ich mit dem Purpose Marketing?
Für Unternehmen gilt es, Antworten auf diese grundlegende Fragen zu finden:
-
- WOFÜR engagieren wir uns?
- WO engagieren wir uns?
- WIE engagieren wir uns?
Mein Tipp:
Lassen Sie sich mit der Auseinandersetzung Zeit und verankern Sie den Purpose als Vision in Ihrem Unternehmen und in Ihrer Unternehmenskultur. Anschließend kommunizieren Sie diesen mithilfe Ihrer internen und externen Kommunikation.
Gelebte Resonanz – das ist heute am Markt gefragt.
Für das Marketing bedeutet das:
- Marketingverantwortliche werden zu ProjektmanagerInnen der Vision. Sie sorgen dafür, dass die Vision in eine Unternehmenskultur übertragen und zum Leben erweckt wird, dass sie dauerhaft am Leben bleibt und nicht zuletzt, dass diese Werte nach innen und außen kommuniziert werden.
- Die Märkte der Zukunft sind Sinn-Märkte und das Marketing hilft dabei, gesellschaftliche Mehr-Werte zu schaffen.
Meine Tipps:
- Kommunizieren Sie „werthaltig“ und wählen Sie die Wir-Kommunikation.
- Bauen Sie langfristige Beziehungen mit den KonsumentInnen auf.
- Richten Sie Ihre Bemühungen auf das Befriedigen sozialer und emotionaler anstatt künstlicher Bedürfnisse aus.
- Verankern Sie in den Köpfen Ihres Teams die Erkenntnis , dass Konsum (alleine) noch keinen Lebenssinn für Ihre KonsumentInnen stiften kann.
- Jeder im Team muss seinen Job machen, wenn es darum geht, vielmehr die Sache und den Sinn in den Mittelpunkt des Tuns zu rücken als die reine Profitmaximierung.
- Suchen Sie nach „Sinnfluencern“ statt nur Influencern Ausschau, und zwar jenen, die zum Unternehmen und der Marke passen.
In ihrem Buch „Marketing 5.0“ beschreiben Philip Kotler, Hermawan Kartajaya und Iwan Setiawan Marketing 5.0 als Anwendung von Technologien, die Menschen nachahmen, um auf der Customer Journey Werte zu schaffen, zu kommunizieren, zu übermitteln und zu steigern. Entscheidend dabei sind die sogenannten „Next Tech“, eine Gruppe von Technologien der nächsten Generation, die die Fähigkeiten menschlicher Marketingexperten nachbilden sollen. Dazu gehören KI, NLP, Sensoren, Robotik, erweiterte Realität, virtuelle Realität, IoT und die Blockchain. Da wir Rechnern nicht beibringen können, was wir selbst nicht lernen können, bleibt die Rolle menschlicher Marketingfachleute auch im Marketing 5.0 entscheidend.
Die aktuell wichtigsten und zukunftsträchtigen Einsatzfelder der Künstlichen Intelligenz sind für das Marketing die folgenden:
- Natural Language Processing (NLP) bzw. Sprachverarbeitung ermöglicht mittels Computerprogrammen, die menschliche Sprache – in Wort und Schrift – zu verstehen. Zu den Anwendungsgebieten zählen Speech-to-Text (z.B. Siri von Apple), Speech-to-Speech (z.B. Alexa und Google Home), Text-to-Speech, wo E-Mails, Nachrichten und andere Inhalte „vorgelesen“ werden können (z.B. E-Book-Reader Kindle), Text-to-Text (z.B. DeepL oder Google Translate).
- Unter Bildverarbeitung (Natural Image Processing) versteht man die Verarbeitung von Signalen, die Bilder repräsentieren. Auch die Bilderkennung zählt hier dazu.
- Expertensysteme sind Computerprogramme, die Menschen bei der Lösung komplexer Fragestellungen unterstützen. So können Programme zum Beispiel konkrete Handlungsempfehlungen auf der Grundlage einer systemtechnisch verfügbaren Wissensbasis ableiten. Auch Programmatic Advertising zählt hier dazu.
- Roboter sind im Marketing als Serviceroboter in Entwicklung, wo sie zum Beispiel an Flughäfen bereits im Einsatz sind.
Digitale Assistenten und Voice Search im Anmarsch
Wo es bis vor kurzem noch „Mobile first“ hieß, womit die mobile Optimierung von Webanwendungen gemeint ist, stehen wir mittlerweile am Beginn des Zeitalters der digitalen oder virtuellen Assistenten und dem Phänomen des „Voice Search“. Diese auf der oben erwähnten NLP aufgesetzte Technologie versetzt den digitalen Assistenten in die Lage, gesprochene Sprache zu verstehen, zu verarbeiten und in gesprochener Sprache zu antworten. Die Voice Search ersetzt zunehmend das Wischen oder Tippen am Smartphone!
Für das Marketing bedeutet das:
- Beschäftigen Sie sich mit dem Thema Voice Marketing und wie Sie dieses in Ihre Marketingarbeit einbinden können.
- Überprüfen Sie die Kompetenzen in Ihrem Unternehmen durch vorhandene Ressourcen (Teams, Systeme).
- Definieren Sie die Ziele des KI-Einsatzes und den Change im Unternehmen, der damit verbunden ist, und bereiten Sie den Change Management Prozess vor.
- Überlegen Sie Einsatzmöglichkeiten für Ihr Angebot und überlegen Sie weiters, Voice-Applikationen in bestehende Produkte und Dienstleistungen zu integrieren – zeitnah!
- Integrieren Sie Voice-Marketing und passen Sie die Sprache bzw. Tonalität Ihres Unternehmens bzw. Ihrer Marke an Ihr bestehendes Wording und Ihre sprachliche Positionierung an. Beispiel: Passt die Du- oder Sie-Anrede besser zu unserer Marke?
- Entwickeln Sie gegebenenfalls ein „Sound Branding“, z.B. einen zur Positionierung passenden Jingle.
- Führen Sie eine profunde Keyword-Analyse im Rahmen einer „Voice Search Engine Optimization“ durch, die Ihrer Meinung nach in der Kommunikation relevant sind. Daraus können Sie ein „Voice Search Advertising“ weiterentwickeln.
- Definieren Sie das „Niveau“ Ihrer Sprache, als Beispiel sei hier „Die Zeit“ genannt.
Die purposeorientierte Community, der wachsende Technologiefortschritt und datengesteuertes Marketing benötigen ein flexibles Umfeld mit agilen (Marketing-)ManagerInnen. Insgesamt und branchenübergreifend verkürzen sich die Produktlebenszyklen, angetrieben von der laufenden Veränderung von Kundenerwartungen und der raschen Zunahme an neuen Produkten. Dieses Phänomen betrifft auch das Kundenerlebnis, das in kürzester Zeit obsolet werden kann.
Das Team Kotler/Kartajaya/Setiawan versteht unter agilem Marketing den „Einsatz dezentraler funktionsübergreifender Teams, um Produkte und Marketingkampagnen schnell zu konzipieren, zu gestalten, zu entwickeln und zu validieren.“ Dieses agile Vorgehen braucht auch Raum fürs Scheitern, genauso wie Geduld, da KI-Projekte ihre Zeit brauchen, bis sie sich rechnen. Methoden wie Scrum, Design Thinking und Lean Start-up kommen hier zum Einsatz und erfolgen auf Basis einer absoluten Kundenorientierung, bei der der Kundennutzen höchstes Gut ist. Vereinfachend zusammengefasst kann Agilität als die Fähigkeit verstanden werden, Veränderungen zu schaffen und auf Veränderungen zu reagieren. Es ist ein Weg, mit Unsicherheit umzugehen und in einem turbulenten Umfeld zu überleben.
Im agilen Management steht der iterative Prozess im Vordergrund. Hier erstellen, testen und überarbeiten die agilen Projektteams den Ablauf einer Neuentwicklung so lange, bis sie mit dem Endergebnis zufrieden sind. Manches schlägt fehl, manches wird angepasst und manches zu Ende entwickelt und auf den Markt gebracht. Ein Ansatz mit iterativem Vorgehen ist Design Thinking; hier nähert man sich über mehrere Iterationen an ein Endprodukt an und mit jeder Iteration kommt man dem Gesamtziel näher: einem nutzerzentrierten Prototyp oder Business Model. Das Ergebnis bleibt dabei über den gesamten Prozess – je nach Erkenntnisgewinn – variabel, das Gesamtziel bleibt jedoch bestehen. Bei der inkrementellen Entwicklung wird zunächst das Gesamtsystem geplant, das einem modularen Aufbau folgt, die Realisierung des Projektes erfolgt anschließend in Einzelschritten.
Für das Marketing bedeutet das:
- Organisieren Sie Ihre Marketingaktivitäten agil entlang der Kundenbedürfnisse.
- Stellen Sie Ihr Marketingprojektteam aus Personen zusammen, die für das Projekt geeignet und daran interessiert sind – auch wenn diese aus ferneren Abteilungen kommen.
- Agile MarketingmanagerInnen legen ihre Arbeit nach diesen Prinzipien an: Konsequente Kundenorientierung – Iteratives Vorgehen – Inkrementelles Vorgehen – Schnelligkeit.
- Schaffen Sie zuerst die Rahmenbedingungen, die es für ein agiles Arbeiten braucht bzw. fordern Sie diese von der Führungsebene des Unternehmens ein.
- Marketing und HR wachsen immer mehr zusammen und sollten gemeinsam ein innovationsfreundliches Arbeitsumfeld schaffen.
- Setzen Sie Echtzeitanalysen ein oder bauen Sie diese auf. Beispiele: Social Media Monitoring, Website Monitoring, Einsatz von RFID-Tags, Analyse von POS-Daten – all diese Instrumente geben wertvolle Hinweise auf Konsumentenverhalten, Trends, Erfolg von Produkteinführungen und Kampagnen.
- Gehen Sie den Weg der kleinen Schritte, speziell wenn Sie in einem größeren und etablierteren Unternehmen arbeiten. Der Weg zum agilen Unternehmen ist mehr als ein Change, es ist eine Transformation!
Fazit: Das klassische Marketing, das nach dem sog. Wasserfall-Ansatz bei Projekten folgendermaßen vorgeht: Analyse, Strategie, Umsetzung und Kontrolle, weicht im agilen Marketing einem schnellen Entwicklungsprozess mit flexiblen Teilschritten und Rückkopplungsmöglichkeiten. Kurzfristigere Strategien mit raschen Entscheidungen können in einer digitalen und sich ständig wandelnden Umgebung befriedigendere Ergebnisse und bestmögliche Erfolge liefern. Die Basis bilden hinreichende Kenntnisse über die KonsumentInnen und intensives Monitoring, Analysieren und Managen im Rahmen der verwendeten Kanäle.
In den nächsten Jahren werden uns weiterhin diese Themen beschäftigen (die nicht neu, aber dennoch herausfordernd für Unternehmen sind und bleiben): Omnichannel Marketing (mehr lesen), Green Marketing (mehr lesen), Influencer Marketing und Kundenorientierung entlang der Customer Journey.
Ingrid Winkler
Marketingberaterin
Quellen:
Beiträge von Prof. Dr. Ralf T. Kreutzer („Künstliche Intelligenz im Marketing – mit lernenden Algorithmen Marketingprozesse automatisieren“) sowie von Prof. Dr. Michael Bernecker, Bastian Förster „Agiles Marketing – schnell, flexibel, erfolgreich“ aus „Die 10 wichtigsten Zukunftsthemen im Marketing“ von Marcus Stumpf (Hrsg.), Link
Marketing 5.0 von P. Kotler, H. Kartajaya, I. Setiawan, campus Verlag, 2021
VUCA Welt: Definition, Beispiele und Workhacks für agile Führungskräfte, E-Book der Me & Company GmbH